Kindschaftsrecht: Die Geburt und ihre Wirkungen im syrischen Personalstatutsgesetz v. 1953 (PSG)


Drittes Buch: Die Geburt und ihre Wirkungen (Art. 128 – 161) und
Viertes Buch: Die Rechtsfähigkeit und die Vertretung nach islamischem Recht (Art. 162 – 206)

(Gesetz Nr. 59 vom 17.9.1953, geändert durch Gesetz Nr. 34 vom 31.12.1975, Nr. 18 vom 25.10.2003, Nr. 76 vom 26.9.2010, Nr. 4 vom 7.2.2019 und Nr. 20 vom 27.6.2019)

Anfang 2019 ist eine umfangreiche Gesetzesänderung des syrischen Personalstatutsgesetzes in Kraft getreten (Gesetz Nr. 4 von 2019). Die geänderten Gesetze sind nachfolgend mit einer entsprechenden Anmerkung gekennzeichnet.

Inhalt:

Drittes Buch: Die Geburt und ihre Wirkungen (Art. 128 – 161) Viertes Buch: Die Rechtsfähigkeit und die Vertretung nach islamischem Recht (Art. 162 – 206)
  • Erster Titel: Materielle Bestimmungen (Art. 162 – 206), 3. Kapitel


Viertes Buch, Erster Titel: Materielle Bestimmungen (Art. 162 – 206)

3. Kapitel – Die Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten und die Vermögenssorge für den Minderjährigen sowie deren Entziehung (Art. 170 – 175)

Die Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten (wilâya ´alâ n-nafs)


Art. 170
(1) Der Vater und nach ihm der Großvater väterlicherseits üben die Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten und die Vermögenssorge aus. Sie sind zu ihrer Ausübung verpflichtet.
2) Andere Verwandte sind in der durch Artikel 21 bestimmten Reihenfolge zur Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten berufen, nicht dagegen zur Vermögenssorge.
(3) Die Vormundschaft in persönlichen Angelegenheiten umfasst: die Erziehung, die Sorge für die Gesundheit, die Ermöglichung der Schulbildung, die Hinführung zu einer Erwerbstätigkeit, die Zustimmung zur Eheschließung sowie sonstige Maßnahmen zur Betreuung des Minderjährigen.
(4) (ÄndG Nr 34/1975 v 31.12.1975, alle FassungenDie Verletzung der Schulpflicht des Kindes durch den Vormund in persönlichen Angelegenheiten stellt einen Grund dar, ihm dieses Recht zu entziehen. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Personensorgeberechtigte die Durchsetzung der Schulpflicht des Kindes verweigert oder vernachlässigt.

Art. 171
Wird im Falle einer Schenkung an den Minderjährigen ausbedungen, dass der Vormund in persönlichen Angelegenheiten nicht über die erlangte Zuwendung verfügen darf, so bestellt das Gericht eigens einen Vormund (wasî) für die Verwaltung der Zuwendung.


Die Vermögenssorge (wilâya ´alâ l-mâl)


Art. 172
Der Vater oder bei dessen Fehlen der Großvater väterlicherseits haben unter Ausschluss jeder anderen Person die Vermögenssorge für den Minderjährigen inne, die die Erhaltung, Verwaltung und Nutzung des Vermögens umfasst. Die Vermögenssorge kann dem Vater oder dem Großvater väterlicherseits nur entzogen werden, wenn feststeht, dass sie das Vermögen veruntreut haben oder schlecht gewirtschaftet haben. Es ist ihnen untersagt, Schenkungen aus dem Vermögen des Minderjährigen oder aus den Erträgen seines Vermögens zu tätigen. Der Verkauf oder die hypothekarische Belastung von Grundstücken kann nur mit der Genehmigung des Richters erfolgen, nachdem die Notwendigkeit eines solchen Rechtsgeschäfts festgestellt wurde.

Art. 173 (ÄndG Nr 34/1975 v 31.12.1975, alle Fassungen)
Das Gericht kann die Vermögenssorge entziehen oder beschränken, wenn das Vermögen des Minderjährigen etwa durch Misswirtschaft gefährdet ist oder wenn eine solche Gefährdung zu befürchten ist. Der Richter kann einzelne dem Vermögenssorgenden obliegende finanzielle Aufgaben der Personensorgeberechtigten übertragen, wenn sichergestellt ist, dass das Kindeswohl dies erfordert und der Vermögenssorgende angehört wurde.

Art. 174
Die Vermögenssorge ruht, wenn der dazu Berechtigte verschollen ist, wenn er entmündigt ist oder wenn er inhaftiert und das Wohl des Minderjährigen durch die Inhaftierung gefährdet ist. Hat der Minderjährige keinen anderen Vermögenssorgenden, so ist ihm einstweilen ein Vermögenssorgender zuzuweisen.

Art. 175
Bei einem Interessenkonflikt (ta´ârud) zwischen den Interessen des Vermögenssorgenden und des Minderjährigen oder zwischen den Interessen mehrerer Minderjähriger untereinander bestellt das Gericht einen Vormund (wasî).

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