Kommentar zum staatlichen Familienrecht:
Das Verlöbnis
Einer Eheschließung kann ein Verlöbnis (khitba) vorangehen. In der syrischen Praxis dauert die Verlobungszeit in aller Regel nur wenige Monate. Das Verlöbnis geht gewöhnlich mit dem Austausch von Geschenken einher.
Inhalt:
1. Rechtsnatur des Verlöbnisses
Das Verlöbnis ist von der Eheschließung zu unterscheiden (Art. 2 PSG). Es stellt keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ehe dar und findet daher nicht immer statt. Ein Verlöbnis ist das gegenseitige Versprechen der Parteien, die Ehe miteinander zu schließen.
Es kommt formfrei durch Willenserklärungen zustande und ist im Gegensatz zur Ehe kein Vertrag. Aus dem Verlöbnis kann keine Verpflichtung zur Eheschließung abgeleitet werden. Es bedeutet nicht die Pflicht des Mannes, eine Brautgabe zu leisten, diese ist vielmehr erst mit der Eheschließung geschuldet. Hat der Mann während des Verlöbnisses die Brautgabe oder Teile davon bereits geleistet, so begründet dies nur ein Treuhandverhältnis.
2. Voraussetzungen des Verlöbnisses
Mindestalter für das Verlöbnis
Es gibt kein Mindestalter für das Verlöbnis. Da das Verlöbnis nur ein unverbindliches Versprechen ist und daraus keine rechtliche Verpflichtung zur Schließung der Ehe entsteht, sind die Regelungen über den Vertragsschluss oder die Eheschließung nicht anwendbar.
Formale Voraussetzung für das Verlöbnis
Der Wille zum Verlöbnis muss klar und deutlich erklärt werden. Eine bestimmte Formulierung ist zur Begründung aber nicht vorgeschrieben, das Verlöbnis kommt formfrei zustande.
Verlöbnisverbote
Ein Verlöbnis kann nur geschlossen werden, wenn keine Eheverbote vorliegen. Ebenso darf die Braut noch nicht mit jemand anderem verlobt sein. Ein weiteres Verlöbnis ist nur dann zulässig, wenn das vorangegangene aufgelöst wurde.
3. Auflösung eines Verlöbnisses
Beide Parteien sind berechtigt, das Verlöbnis ohne Angabe von Gründen aufzulösen (Art. 3 PSG). Wird ein Verlöbnis aufgelöst, sind die in der Verlobungszeit geleisteten Geschenke sowie die im Voraus geleistete Brautgabe zurückzuerstatten.
Brautgabe
Ist die Brautgabe bereits in Hinblick auf die Eheschließung anlässlich des Verlöbnisses geleistet worden, so ist diese dem Mann zurückzuerstatten, wenn das Verlöbnis aufgelöst wird (Art. 4 PSG). Löst die Frau das Verlöbnis ohne Grund auf und hat sie die Brautgabe bereits ausgegeben, hat der Mann die Wahl, eine Geldsumme oder die gekauften Gegenstände einzufordern. Löst der Mann das Verlöbnis grundlos auf, hat die Frau die Wahl, ob sie ihm die bereits übergebene Brautgabe in bar leistet oder die gekauften Gegenstände zurückgibt.
Geschenke während des Verlöbnisses
Bei Auflösung des Verlöbnisses kann es zur Rückabwicklung von Verlobungsgeschenken kommen. Diese erfolgt nach den Regelungen des Zivilgesetzbuchs (Art. 4 Abs. 3 PSG). Danach können Geschenke grundsätzlich nicht zurückgefordert werden, es sei denn, es liegen die im Gesetz bestimmten Ausnahmen vor, wie zum Beispiel eine Verarmung des Schenkers oder die Verletzung einer Pflicht gegenüber dem Schenker (Art. 454-472 ZGB). Zurückverlangt werden kann nur der ursprüngliche Wert der Sache, selbst wenn der Beschenkte aus der Sache einen Gewinn gezogen hat.